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Grimms Märchen (Teil 2)
Inhaltsverzeichnis
1.
Der Eisenofen
2.
Die kluge Else
3.
Armut und Demut führen zum Himmel
4.
Hans mein Igel
5.
Der gestohlene Heller
6.
Des Herrn und des Teufels Getier
7.
Die himmlische Hochzeit
8.
Das Hirtenbüblein
9.
Die Hochzeit der Frau Füchsin
10.
Von dem Tode des Hühnchens
11.
Der Hund und der Sperling
12.
Die zwölf Jäger
13.
Der heilige Joseph im Walde
14.
Das junggeglühte Männlein
15.
Das Rätsel
16.
Vom klugen Schneiderlein
17.
Die klare Sonne bringts an den Tag
18.
Der kluge Knecht
19.
Die zwölf faulen Knechte
20.
Der König vom goldenen Berg
21.
Der Ranzen, das Hütlein und das Hörnlein
22.
Rätselmärchen
23.
Der Räuberbräutigam
24.
Der Riese und der Schneider
25.
Rohrdommel und Wiedekopf
26.
Der Liebste Roland
27.
Die Rübe
28.
Des Teufels rußiger Bruder
29.
Der starke Hans
30.
Die zertanzten Schuhe
31.
Die sieben Schwaben
32.
Die sechs Schwäne
33.
Sechse kommen durch die ganze Welt
34.
Die sieben Raben
35.
Simeliberg
36.
Der singende Knochen
37.
Sneewittchen
38.
Der Sperling und seine vier Kinder
39.
Der wunderliche Spielmann
40.
Spindel, Weberschiffchen und Nadel
41.
Die wahre Braut
42.
Der Frieder und das Katherlieschen
43.
Die Scholle
44.
Die Kristallkugel
45.
Der Krautesel
46.
Der Königssohn, der sich vor nichts fürchtet
47.
Das Meerhäschen
48.
Der Meisterdieb
49.
Das Totenhemdchen
50.
Der Trommler
Herausgegeben vom Palmtop & Smartphone Magazin.
Copyright der Konvertierung: Rainer Gievers
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Der Eisenofen
Zur Zeit, wo das Wünschen noch geholfen hat, ward ein Königssohn von einer alten
Hexe verwünscht, daß er im Walde in einem großen Eisenofen sitzen sollte. Da brachte er
viele Jahre zu, und konnte ihn niemand erlösen. Einmal kam eine Königstochter in den
Wald, die hatte sich irre gegangen und konnte ihres Vaters Reich nicht wiederfinden,
neun Tage war sie so herumgegangen und stand zuletzt vor dem eisernen Kasten. Da kam
eine Stimme heraus und fragte sie 'wo kommst du her' und wo willst du hin?' Sie
antwortete 'ich habe meines Vaters Königreich verloren und kann nicht wieder nach Haus
kommen.' Da sprachs aus dem Eisenofen 'ich will dir wieder nach Hause verhelfen, und
zwar in einer kurzen Zeit' wenn du willst unterschreiben zu tun' was ich verlange. Ich bin
ein größerer Königssohn als du eine Königstochter, und will dich heiraten.' Da erschrak
sie und dachte 'lieber Gott, was soll ich mit dem Eisenofen anfangen!' Weil sie aber gerne
wieder zu ihrem Vater heim wollte, unterschrieb sie sich doch zu tun, was er verlangte.
Er sprach aber 'du sollst wiederkommen, ein Messer mitbringen und ein Loch in das
Eisen schrappen.' Dann gab er ihr jemand zum Gefährten, der ging nebenher und sprach
nicht, er brachte sie aber; in zwei Stunden nach Haus. Nun war große Freude im Schloß,
als die Königstochter wiederkam, und der alte König fiel ihr um den Hals und küßte sie.
Sie war aber sehr betrübt und sprach 'lieber Vater, wie mirs gegangen hat! ich wäre nicht
wieder nach Haus gekommen aus dem großen wilden Walde, wenn ich nicht wäre bei
einen eisernen Ofen gekommen, dem habe ich mich müssen dafür unterschreiben, daß ich
wollte wieder zu ihm zurückkehren, ihn erlösen und heiraten.' Da erschrak der alte König
so sehr, daß er beinahe in eine Ohnmacht gefallen wäre, denn er hatte nur die einzige
Tochter. Beratschlagten sich also, sie wollten die Müllerstochter, die sc hön wäre, an ihre
Stelle nehmen; führten die hinaus, gaben ihr ein Messer und sagten, sie sollte an dem
Eisenofen schaben. Sie schrappte auch vierundzwanzig Stunden lang, konnte aber nicht
das geringste herabbringen. Wie nun der Tag anbrach, riefs in dem Eisenofen 'mich
deucht, es ist Tag draußen.' Da antwortete sie 'das deucht mich auch, ich meine, ich höre
meines Vaters Mühle rappeln.' 'So bist du eine Müllerstochter, dann geh gleich hinaus
und laß die Königstochter herkommen.' Da ging sie hin und sagte dem alten König, der
draußen wollte sie nicht, er wollte seine Tochter. Da erschrak der alte König und die
Tochter weinte. Sie hatten aber noch eine Schweinehirtentochter, die war noch schöner
als die Müllerstochter, der wollten sie ein Stück Geld geben, damit sie für die
Königstochter zum eisernen Ofen ginge. Also ward sie hinausgebracht und mußte auch
vierundzwanzig Stunden lang schrappen; sie brachte aber nichts davon. Wie nun der Tag
anbrach, riefs im Ofen 'mich deucht, es ist Tag draußen.' Da antwortete sie 'das deucht
mich auch, ich meine, ich höre meines Vaters Hörnchen tüten.' 'So bist du eine
Schweinehirtentochter, geh gleich fort und laß die Königstochter kommen, und sag ihr, es
sollt ihr widerfahren, was ich ihr versprochen hätte, und wenn sie nicht käme, sollte im
ganzen Reich alles zerfallen und einstürzen und kein Stein auf dem andern bleiben.' Als
die Königstochter das hörte, fing sie an zu weinen, es war aber nun nicht anders, sie
mußte ihr Versprechen halten. Da nahm sie Abschied von ihrem Vater, steckte ein
Messer ein und ging zu dem Eisenofen in den Wald hinaus. Wie sie nun angekommen
war, hub sie an zu schrappen, und das Eisen gab nach, und wie zwei Stunden vorbei
waren, hatte sie schon ein kleines Loch geschabt. Da guckte sie hinein und sah einen so
schönen Jüngling, ach, der glimmerte in Gold und Edelsteinen, daß er ihr recht in der
Seele gefiel. Nun, da schrappte sie noch weiter fort und machte das Loch so groß, daß er
heraus konnte. Da sprach er 'du bist mein und ich bin dein, du bist meine Braut und hast
mich erlöst.' Er wollte sie mit sich in sein Reich führen, aber sie bat sich aus, daß sie noch
einmal dürfte zu ihrem Vater gehen, und der Königssohn erlaubte es ihr, doch sollte sie
nicht mehr mit ihrem Vater sprechen als drei Worte, und dann sollte sie wiederkommen.
Also ging sie heim, sie sprach aber mehr als drei Worte, da verschwand alsbald der
Eisenofen und ward weit weg gerückt über gläserne Berge und schneidende Schwerter;
doch der Königssohn war erlöst, und nicht mehr darin eingeschlossen. Danach nahm sie
Abschied von ihrem Vater und nahm etwas Geld mit, aber nicht viel, ging wieder in den
großen Wald und suchte den Eisenofen, allein der war nicht zu finden. Neun Tage suchte
sie, da ward ihr Hunger so groß, daß sie sich nicht zu helfen wußte, denn sie hatte nichts
mehr zu leben. Und als es Abend ward, setzte sie sich auf einen kleinen Baum und
gedachte darauf die Nacht hinzubringen, weil sie sich vor den wilden Tieren fürchtete.
Als nun Mitternacht herankam, sah sie von fern ein kleines Lichtchen und dachte 'ach, da
wär ich wohl erlöst,' stieg vom Baum und ging dem Lichtchen nach, auf dem Weg aber
betete sie. Da kam sie zu einem kleinen alten Häuschen, und war viel Gras darum
gewachsen, und stand ein kleines Häufchen Holz davor. Dachte sie 'ach, wo kommst du
hier hin!, guckte durchs Fenster hinein, so sah sie nichts darin als dicke und kleine
Itschen (Kröten), aber einen Tisch, schön gedeckt mit Wein und Braten, und Teller und
Becher waren von Silber. Da nahm sie sich das Herz und klopfte an. Alsbald rief die
Dicke
'Jungfer grün und klein,
Hutzelbein,
Hutzelbeins
Hündchen,
hutzel
hin
und
her,
laß geschwind sehen' wer draußen wär.'
Da kam eine kleine Itsche herbeigegangen und machte ihr auf. Wie sie eintrat, hießen alle
sie willkommen, und sie mußte sich setzen. Sie fragten 'wo kommt Ihr her? wo wollt Ihr
hin?' Da erzählte sie alles, wie es ihr gegangen wäre, und weil sie das Gebot übertreten
hätte, nicht mehr als drei Worte zu sprechen, wäre der Ofen weg samt dem Königssohn,
nun wollte sie so lange suchen und über Berg und Tal wandern, bis sie ihn fände. Da
sprach die alte Dicke
'Jungfer
grün
und
klein,
Hutzelbein,
Hutzelbeins
Hündchen,
hutzel
hin
und
her,
bring mir die große Schachtel her.'
Da ging die kleine hin und brachte die Schachtel herbeigetragen. Hernach gaben sie ihr
Essen und Trinken, und brachten sie zu einem schönen gemachten Bett, das war wie
Seide und Sammet, da legte sie sich hinein und schlief in Gottes Namen. Als der Tag
kam, stieg sie auf, und gab ihr die alte Itsche drei Nadeln aus der großen Schachtel, die
sollte sie mitnehmen; sie würden ihr nötig tun, denn sie müßte über einen hohen
gläsernen Berg und über drei schneidende Schwerter und über ein großes Wasser, wenn
sie das durchsetzte, würde sie ihren Liebsten wiederkriegen. Nun gab sie hiermit drei
Teile (Stücke), die sollte sie recht in acht nehmen, nämlich drei große Nadeln, ein
Pflugrad und drei Nüsse. Hiermit reiste sie ab, und wie sie vor den gläsernen Berg kam,
der so glatt war, steckte sie die drei Nadeln als hinter die Füße und dann wieder vorwärts,
und gelangte so hinüber, und als sie hinüber war, steckte sie sie an einen Ort, den sie
wohl in acht nahm. Danach kam sie vor die drei schneidenden Schwerter, da stellte sie
sich auf ihr Pflugrad und rollte hinüber. Endlich kam sie vor ein großes Wasser, und wie
sie übergefahren war, in ein großes schönes Schloß. Sie ging hinein und hielt um einen
Dienst an, sie wär eine arme Magd und wollte sich gerne vermieten; sie wußte aber, daß
der Königssohn drinne war, den sie erlöst hatte aus dem eisernen Ofen im großen Wald.
Also ward sie angenommen zum Küchenmädchen für geringen Lohn. Nun hatte der
Königssohn schon wieder eine andere an der Seite, die wollte er heiraten, denn er dachte,
sie wäre längst gestorben. Abends, wie sie aufgewaschen hatte und fertig war, fühlte sie
in die Tasche und fand die drei Nüsse, welche ihr die alte Itsche gegeben hatte. Biß eine
auf und wollte den Kern essen, siehe, da war ein stolzes königliches Kleid drin. Wies nun
d ie Braut hörte, kam sie und hielt um das Kleid an und wollte es kaufen und sagte, es
wäre kein Kleid für eine Dienstmagd. Da sprach sie nein, sie wollts nicht verkaufen, doch
wann sie ihr einerlei (ein Ding) wollte erlauben, so sollte sies haben, nämlich eine Nacht
in der Kammer ihres Bräutigams zu schlafen. Die Braue erlaubt es ihr, weil das Kleid so
schön war und sie noch keins so hatte. Wies nun Abend war, sagte sie zu ihrem
Bräutigam 'das närrische Mädchen will in deiner Kammer schlafen.' 'Wenn dus zufrieden
bist, bin ichs auch,' sprach er. Sie gab aber dem Mann ein Glas Wein, in das sie einen
Schlaftrunk getan hatte. Also gingen beide in die Kammer schlafen' und er schlief so fest,
daß sie ihn nicht erwecken konnte. Sie weinte die ganze Nacht und rief 'ich habe dich
erlöst aus dem wilden Wald und aus einem eisernen Ofen, ich habe dich gesucht und bin
gegangen über einen gläsernen Berg, über drei schneidende Schwerter und über ein
großes Wasser, ehe ich dich gefunden habe, und willst mich doch nicht hören.' Die
Bedienten saßen vor der Stubentüre und hörten, wie sie so die ganze Nacht weinte, und
sagtens am Morgen ihrem Herrn. Und wie sie im andern Abend aufgewaschen hatte, biß
sie die zweite Nuß auf, da war noch ein weit schöneres Kleid drin; wie das die Braut sah,
wollte sie es kaufen. Aber Geld wollte das Mädchen nicht und bat sich aus, daß es noch
einmal in der Kammer des Bräutigams schlafen dürfte. Die Braut gab ihm aber einen
Schlaftrunk, und er schlief so fest, daß er nichts hören konnte. Das Küchenmädchen
weinte aber die ganze Nacht und rief 'ich habe dich erlöst aus einem Walde und aus
einem eisernen Ofen, ich habe dich gesucht und bin gegangen über einen gläsernen Berg,
über drei schneidende Schwerter und über ein großes Wasser, ehe ich dich gefunden
habe, und du willst mich doch nicht hören.' Die Bedient en saßen vor der Stubentüre und
hörten, wie sie so die ganze Nacht weinte, und sagtens am Morgen ihrem Herrn. Und als
sie am dritten Abend aufgewaschen hatte, biß sie die dritte Nuß auf, da war ein noch
schöneres Kleid drin, das starrte von purem Gold. Wie die Braut das sah, wollte sie es
haben, das Mädchen aber gab es nur hin, wenn es zum drittenmal dürfte in der Kammer
des Bräutigams schlafen. Der Königssohn aber hütete sich und ließ den Schlaftrunk
vorbeilaufen. Wie sie nun anfing zu weinen und zu rufen 'liebster Schatz, ich habe dich
erlöst aus dem grausamen wilden Walde und aus einem eisernen Ofen,' so sprang der
Königssohn auf und sprach 'du bist die rechte, du bist mein, und ich bin dein.' Darauf
setzte er sich noch in der Nacht mit ihr in einen Wagen, und der falschen Braut nahmen
sie die Kleider weg, daß sie nicht aufstehen konnte. Als sie zu dem großen Wasser
kamen, da schifften sie hinüber, und vor den drei schneidenden Schwertern, da setzten sie
sich aufs Pflugrad, und vor dem gläsernen Berg, da steckten sie die drei Nadeln hinein.
So gelangten sie endlich zu dem alten kleinen Häuschen, aber wie sie hineintraten, wars
ein großes Schloß, die Itschen waren alle erlöst und lauter Königskinder und waren in
voller Freude. Da ward Vermählung gehalten, und sie blieben in dem Schloß, das war
viel größer als ihres Vaters Schloß. Weil aber der Alte jammerte, daß er allein bleiben
sollte, so fuhren sie weg und holten ihn zu sich, und hatten zwei Königreiche und lebten
in gutem Ehestand.
Da kam eine Maus, Das Märchen war aus.
Die kluge Else
Es war ein Mann, der hatte eine Tochter, die hieß die
kluge Else
. Als sie nun erwachsen
war, sprach der Vater 'wir wollen sie heiraten lassen.' 'Ja,' sagte die Mutter, 'wenn nur
einer käme, der sie haben wollte.' Endlich kam von weither einer, der hieß Hans, und
hielt um sie an, er machte aber die Bedingung, daß die kluge Else auch recht gescheit
wäre. 'O,' sprach der Vater, 'die hat Zwirn im Kopf,' und die Mutter sagte 'ach, die sieht
den Wind auf der Gasse laufen und hört die Fliegen husten.' 'Ja,' sprach der Hans, 'wenn
sie nicht recht gescheit ist, so nehm ich sie nicht.' Als sie nun zu Tisch saßen und
gegessen hatten, sprach die Mutter 'Else, geh in den Keller und hol Bier.' Da nahm die
kluge Else den Krug von der Wand, ging in den Keller und klappte unterwegs brav mit
dem Deckel, damit ihr die Zeit ja nicht lang würde. Als sie unten war, holte sie ein
Stühlchen und stellte es vors Faß, damit sie sich nicht zu bücken brauchte und ihrem
Rücken etwa nicht wehe täte und unverhofften Schaden nähme. Dann stellte sie die
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